Amelie Schreck und Gili Ron sitzend auf einem Tisch, zwischen ihnen der Roboterarm.

Amelie Schreck und Gili Ron: Forschung am Roboterarm

Amelie Schreck und Gili Ron arbeiten gemeinsam an einem Projekt, das mit Mitteln aus der Anschubfinanzierung des SRF IRIS gefördert wurde.

Amelie Schreck und Gili Ron arbeiten gemeinsam an dem mit Mitteln aus der Anschubfinanzierung des SRF IRIS geförderten Projekts “Auf dem Weg zur Ko-Agentur von Mensch und Roboter: Perspektiven der KI und feministischen Technowissenschaft für Vielfalt, Demografie und Demokratie bei der Mensch-Roboter-Zusammenarbeit in der Architektur”. Dieses Projekt an der Schnittstelle zwischen Architekturinformatik und Sozialwissenschaften befasst sich mit den Produktivitäts- und Nachhaltigkeitsherausforderungen in der Baubranche mit einem neuartigen Ansatz zur Mensch-Roboter-Zusammenarbeit (HRC), der intuitive Kommunikation, KI und Benutzerfeedback kombiniert. Auf diese Weise soll eine vielfältigere Belegschaft gewonnen und Kreativität, Handlungsfähigkeit und Vertrauen gefördert werden, indem Industrieroboter zu besseren Kollaborateuren des Menschen gemacht werden. Das Projekt integriert Perspektiven der feministischen Technowissenschaft und konzentriert sich auf eine gerechte Entwicklung und Entscheidungsfindung. Dabei werden verschiedene Interessengruppen einbezogen, um eine faire und integrative Einführung von HRC-Methoden in der Architektur sicherzustellen. Im Folgenden beantworten Amelie Schreck (A) und Gili Ron (G) verschiedene Fragen zu ihrer Forschung, aber auch zu sich selbst:

Eine Hand tippt auf einen Touchscreen.

Wie seid ihr zu eurer Forschung gekommen?

A: In meiner Masterarbeit konzentrierte ich mich auf Pflegeroboter und untersuchte, wie technische Entwicklungen auf gesellschaftliche Herausforderungen in der Altenpflege reagieren. Ich rekonstruierte den technologischen Entstehungsprozess eines Pflegeroboters, sprach mit Pflegekräften und technischen Entwickler*innen und stellte fest, dass aus verschiedenen Gründen die technische Entwicklung nicht den Pflegeanforderungen entspricht.

G: Für meine Masterarbeit arbeitete ich mit einem Industrieroboter in der Herstellung und Montage von topologisch ineinandergreifenden großen Ziegeln aus Sand- und Schwefelkomposit („wasserloser Beton“).

Woher kommt euer Forschungsinteresse?

A: Ich möchte den Hintergrund von Prozessen verstehen und Phänomene betrachten, wie wir es in den Sozialwissenschaften tun, unter Berücksichtigung vieler verschiedener Einflussfaktoren.

G: Meine Leidenschaft für die Designforschung begann während meines Bachelor-Abschlusses in Architektur an der Universität Tel Aviv, wo ich verschiedene Herstellungswerkzeuge und -prozesse erforschte, einschließlich digitalem Design und Fertigung. Dieses Interesse vertiefte sich während des Masterprogramms in Emergent Technologies and Design an der Architectural Association School of Architecture (AA School) in London, wo ich traditionelle Architektur mit robotergestützter Fertigung kombinierte. Diese Erfahrung weckte ein starkes Interesse an der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern.

Amelie Schreck sitzt auf einem Tisch mit einem Laptop auf den Knien.

Gab es Personen, Bücher oder Künstler, die euch inspiriert haben?

G: Die Schriften von Donna Haraway und Bruno Latour über Verwandtschaft und zukünftige Beziehungen zwischen Menschen, Natur und Maschinen; Lucy Suchman und Shaoen Bardzell, die feministische Kritik und die Interaktion zwischen Mensch-Maschine/Mensch-Roboter kombinieren; Kunstwerke von STELARC, Lucy McRae und Anna Uddenberg über Cyborgs und Mensch-Maschine-Kombinationen.

Was ist das Besondere an eurer Forschung?

Wir verbinden Konzepte aus den Sozialwissenschaften (Verständnis sozialen Verhaltens, Interpretation und Erklärung seines Verlaufs und seiner Auswirkungen) mit digitalem Design und robotergestützter Fertigung für Architektur. Dabei interessieren wir uns nicht nur für ineffiziente Prozesse oder den Einsatz neuer Maschinen zur Herstellung neuer Architektur, sondern auch dafür, wie Industriearbeiter*innen diese Prozesse und Maschinen nutzen werden. Wir interessieren uns für ihre Zufriedenheit und ihren Komfort sowie für die Machtbeziehungen, die zwischen Menschen und Maschinen entstehen. Das Forschungsthema wird durch die feministische Technowissenschaftskritik beeinflusst, einem Teilgebiet der Science and Technology Studies (STS).

Gili Ron looking at the robot arm.

Wie erklärt ihr Laien eure Forschung?

Wir untersuchen, wie Menschen und Roboter gemeinsam Häuser und Gebäude bauen können. Ziel ist es, Roboter wirklich hilfreich zu machen, so dass sie die Arbeit erleichtern und angenehmer für Menschen machen. Dazu laden wir Bauarbeiter*innen, Designer*innen und Forscher*innen ein, mit Robotern zu arbeiten und ihre Gedanken darüber zu teilen, was gut funktioniert und was verbessert werden könnte. Dann nehmen wir diese Vorschläge, um zu verbessern, wie Roboter und Menschen zusammenarbeiten. Es ist, als würde man eine perfekte Partnerschaft zwischen Menschen und Robotern gestalten.

Wie funktioniert eure Zusammenarbeit?

Gili erforscht und studiert Beispiele von HRC (Human-Robot Collaboration) und entwickelt und testet neue Methoden im Robotiklabor mit ihrem Cobot (und anderen Werkzeugen).

Amelie erforscht die Beteiligung zukünftiger Nutzer und deren Erwartungen und Bewertungen der HRC.

Wir entwerfen gemeinsam Experimente, laden Industriepartner*innen und Forscher*innen in unser Labor ein und testen es mit unserem Roboterarm (ihr Name ist Lara). Wir haben WebEx- und Präsenztreffen und schreiben derzeit gemeinsam an einer wissenschaftlichen Veröffentlichung.

Gili and Amelie working together in front of their robot arm.

Wie betreibt Ihre Forschung?

Wir lesen Bücher und Artikel, um einen theoretischen Hintergrund zu gewinnen und uns über aktuelle Forschungen zu informieren. Gili sieht sich auch Online-Tutorials an und liest Handbücher, um die technischen Werkzeuge und Software, die für unsere Studie entscheidend sind, zu nutzen. Dann simuliert sie die Prozesse und testet sie im echten Leben. Es ist eine Kombination aus Büchern, Software und Hardware.

Gibt es einen Punkt, an dem eure Forschung endet?

Das Projekt AP30 endete mit der Anschubfinanzierung durch den SRF IRIS Ende November 2024. Die Forschung zu HRC, die von maschinellem Lernen und Verstärkungslernen informiert wird, wird jedoch fortgesetzt. Generell wollen wir die Lücke zwischen akademischer Forschung und der realen HRC mit einer Industrieanwendung überbrücken. Wir erforschen, wie kollaborative Fertigungsprozesse besser an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden können.

Was können wir aus eurer Forschung lernen?

Menschliche Faktoren und menschliches Feedback sind entscheidend für Technologiedesign und -forschung.

Gili Ron talking to people.

Roboter sind dank KI überall auf der Welt. Glaubt ihr, dass es eines Tages Roboter geben wird, die von KI gesteuert werden?

Aus unserer Forschungsperspektive ist dies mehr Vision als Realität. Von KI informierte Roboter sind Teil unserer Forschungsambitionen. Dies und mehr: Wir wollen verstehen, wie Menschen auf von KI informierte Roboter reagieren – sind sie bessere Kooperationspartner als Roboter, die es nicht sind?

Wann könnten Roboter sich selbst bewusst sein?

Unsere Roboter kennen ihre Umgebung durch visuelle Tiefenmessung und Kraft- und Drehmomentsensoren. Selbstbewusstsein ist noch ein weiter Weg…

Wo seht ihr euch in 10 Jahren?

A: In einem Job, in dem ich weiterhin Themen zur Gestaltung der Zukunft bearbeiten kann. Ich möchte überall dort arbeiten, wo dies möglich ist, am liebsten in einem Team von neugierigen und freundlichen Menschen.

G: Ich möchte Roboter "bemuttern". Ich bin daran interessiert, Roboter so zu gestalten und zu programmieren, dass sie menschlicher reagieren und gleichzeitig möchte ich ihre Entwicklung überwachen und leiten, um sicherzustellen, dass sie sicher und effektiv funktionieren.

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